Der Meta AI Widerspruch ist rechtlich eine Fars!

„Wenn du nicht willst, dass Meta deine Daten für sein KI-Training nutzt, musst du jetzt handeln! Du hast nur noch bis Montag, den 26. Mai, Zeit, um Widerspruch einzulegen.“

So oder so ähnlich lesen wir in letzter Zeit vermehr in Social Media Meldungen über die Notwendigkeit bei META einen Antrag auf Widerspruch einzureichen.

Künstliche Intelligenz ist für Meta extrem wichtig. Der Konzern integriert seine KI „Meta AI“ nach und nach in alle seine Produkte. Es sieht so aus, als ob Bedenken von Nutzern Mark Zuckerberg nicht aufhalten können. Das hat sich schon Anfang des Jahres gezeigt, als Meta AI in WhatsApp integriert wurde: Viele wollten eine Möglichkeit, die Funktion zu deaktivieren, aber Meta hat diesen Wunsch ignoriert.

Meta scheint sich auch nicht mehr an die strengen EU-Datenschutzbestimmungen halten zu wollen: Ab kommenden Dienstag, dem 27. Mai, wird Meta öffentliche Posts, Kommentare, Fotos und Videos von allen Nutzern als Informationsquelle für Meta AI verwenden. Nur private Nachrichten und Beiträge von Minderjährigen bleiben auskunftsgemäss davon unberührt.

Wer entsprechend den Anleitungen den Widerspruch über Facebook oder Instagram, oder eben über die entsprechenden META Links einreicht, bekommt im Nachgang noch eine Email als Bestätigung zugestellt.

META’s Antwort, kurz nach dem Abschicken des Widerspruchs über dessen Facebook Formular.

An dieser Stelle möchte ich mich bezüglich des Sachverhalts direkter fassen, insbesondere der „Zusage“ von Meta.

Was sagt uns Meta in ihrer E-Mail in Wirklichkeit?

Die vorliegende Nachricht von Meta zur Verwendung von Daten für das Training generativer KI-Modelle ist unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten in Deutschland (insbesondere DSGVO) und der Schweiz (neues DSG) keine klare Zusage zur Unterlassung, sondern enthält rechtliche Graubereiche und Einschränkungen.

1. Die Zusage der Unterlassung ist begrenzt

Der Text formuliert: „Das bedeutet, dass wir deine öffentlichen Informationen aus Meta-Produkten bzw. deine Interaktionen mit Features von KI bei Meta nicht für die zukünftige Entwicklung und Verbesserung generativer KI-Modelle für KI bei Meta verwenden werden.“

  • „Zukünftige Entwicklung und Verbesserung“: Dies impliziert, dass Daten, die bereits vor dem Widerspruch zur Entwicklung und Verbesserung der KI genutzt wurden, möglicherweise nicht mehr aus den Modellen entfernt werden können. Dies ist ein bekanntes Problem im Bereich des KI-Trainings; einmal trainierte Daten sind schwer zu „entlernen“. Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz besteht grundsätzlich ein Recht auf Löschung (Art. 17 DSGVO, Art. 32 DSG). Die technische Schwierigkeit der Entfernung von Daten aus trainierten KI-Modellen ist jedoch eine faktische Einschränkung dieses Rechts. Viele Datenschutzbehörden weisen darauf hin, dass die Wirkung eines Widerspruchs nur die zukünftige Nutzung betrifft, nicht aber die bereits erfolgte Verarbeitung.
  • „Öffentliche Informationen“ und „Interaktionen mit Features von KI bei Meta“: Die Zusage beschränkt sich auf diese spezifischen Datenkategorien. Es ist nicht explizit ausgeschlossen, dass andere Arten von personenbezogenen Daten, die Meta möglicherweise über die Nutzer gesammelt hat (auch wenn sie nicht „öffentlich“ sind), für andere Zwecke oder zukünftige KI-Projekte verwendet werden könnten, die nicht unter diese spezifische Definition fallen.
  • „Generativer KI-Modelle für KI bei Meta“: Die Einschränkung auf „KI bei Meta“ lässt offen, ob Meta die Daten möglicherweise an Drittanbieter oder Partner weitergeben könnte, die eigene KI-Modelle entwickeln, oder ob Meta selbst andere KI-Modelle betreibt, die nicht unter die Bezeichnung „KI bei Meta“ fallen. Dies ist zwar unwahrscheinlich, da die Formulierung recht weit gefasst ist, aber die Präzision fehlt leider.

2. Handhabung mehrerer Konten

Der Text besagt: „Darüber hinaus werden wir deinen Widerspruch auch für alle weiteren Konten berücksichtigen, die sich in derselben Kontenübersicht befinden wie dieses Konto. Wenn du weitere Konten hast, die sich nicht in derselben Kontenübersicht befinden wie dieses Konto, musst du für jedes dieser Konten einen neuen Antrag einreichen.

  • Dies ist rechtlich zulässig, aber aus Nutzersicht umständlich. Wenn Konten nicht über die Kontenübersicht verknüpft sind, muss der Nutzer pro Konto einen separaten Widerspruch einlegen. Dies ist eine Hürde, die Meta hier einbaut, um den Aufwand für die Nutzer zu erhöhen. Es entspricht jedoch der Logik, dass Meta die Datenverarbeitung pro „Datensatz“ (hier: Konto) steuert.

3. Kommunikation und Bestätigung des Widerspruchs

Der Satz: „Über dieses Postfach können keine Nachrichten empfangen werden. Auch Antworten auf diese Nachricht werden nicht an uns zugestellt.“ ist besonders kritisch.

  • Fehlende Bestätigungsmöglichkeit: Nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO ist der Verantwortliche verpflichtet, die betroffene Person unverzüglich über die getroffenen Massnahmen zu informieren. Die Tatsache, dass auf diese Nachricht nicht geantwortet werden kann und keine Bestätigung des Widerspruchs über diesen Weg erfolgt, ist problematisch. Nutzer müssen auf andere Kanäle vertrauen (z.B. eine separate E-Mail-Bestätigung über das genutzte Formular oder eine In-App-Benachrichtigung), um zu wissen, ob ihr Widerspruch tatsächlich berücksichtigt wurde. Dies könnte als Versuch gewertet werden, die Nachvollziehbarkeit des Widerspruchs zu erschweren.

4. Rechtsgrundlage und Transparenz

Meta beruft sich für die Verarbeitung von Daten für KI-Training auf ein berechtigtes Interesse (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Das Widerspruchsrecht (Art. 21 DSGVO) ist die Folge dieser Rechtsgrundlage.

  • Transparenz: Der Verweis auf das Privacy Center ist zwar grundsätzlich korrekt, jedoch ist die Art und Weise, wie Meta das Widerspruchsrecht kommuniziert und umsetzt, von vielen Datenschutzexperten und Verbraucherzentralen kritisiert worden. Es wird argumentiert, dass der Weg zum Widerspruch zu versteckt ist und nicht den Anforderungen an eine transparente Information genügt. Die Verbraucherzentrale NRW hat Meta beispielsweise wegen dieses Vorgehens abgemahnt.
  • Kein Opt-in: Dass Meta die Daten für das KI-Training nutzen will, ohne eine aktive Zustimmung (Opt-in) einzuholen, sondern den Nutzern lediglich ein Opt-out anbietet, ist im Kontext der DSGVO eine Grauzone. Insbesondere bei der Verarbeitung sensibler Daten oder bei weitreichenden und schwer rückgängig zu machenden Verarbeitungen wird oft ein Opt-in gefordert. Meta argumentiert, dass öffentlich zugängliche Daten und das berechtigte Interesse eine ausreichende Rechtsgrundlage darstellen.

Das Endergebnis?

Der Text von Meta ist eine Reaktion auf die datenschutzrechtlichen Anforderungen, insbesondere das Widerspruchsrecht. Er stellt eine begrenzte Zusage zur Unterlassung dar, die sich primär auf die zukünftige Verwendung spezifischer Daten für die Entwicklung und Verbesserung generativer KI-Modelle innerhalb von Meta bezieht.

Rechtliche Graubereiche sind offensichtlich eingebaut:

  1. Bestandene Daten: Die Nicht-Entfernbarkeit bereits verarbeiteter Daten aus den KI-Modellen ist eine technische und rechtliche Herausforderung, die das Löschrecht praktisch einschränkt.
  2. Umfang der Daten und KI-Modelle: Die genaue Abgrenzung von „öffentlichen Informationen“ und „Interaktionen mit Features von KI bei Meta“ sowie die Beschränkung auf „KI bei Meta“ lässt Raum für Interpretationen.
  3. Fehlende direkte Kommunikationsmöglichkeit: Die Aussage, dass das Postfach nicht für Antworten dient, erschwert die Bestätigung und Nachvollziehbarkeit des Widerspruchs für den Nutzer und ist datenschutzrechtlich fragwürdig.

Nutzer in Deutschland und der Schweiz, die nicht möchten, dass ihre Daten für das KI-Training von Meta verwendet werden, sollten dem Widerspruchsverfahren folgen, sich aber bewusst sein, dass die Wirkung dieses Widerspruchs auf die Zukunft gerichtet ist und bereits trainierte Daten möglicherweise nicht mehr aus den Modellen entfernt werden können.

Ob Meta sich trotz der noch vielen Unsicherheiten und Unklarheiten an die Datenschutzgesetze halten wird? Ich bin mir fast sicher, dass wir in naher Zukunft weitere Datenskandale erleben werden, die auf das Meta-Haus zeigen werden. Schliesslich hat dieser Laden eine beachtliche dunkle Vergangenheit, was Informationsmissbrauch betrifft.


Weitere Rechtsgrundlagen zum vorliegenden Sachverhalt:

  • Verbraucherschutzgesetze
  • Wettbewerbsrecht und Kartellgesetz
  • Urheberrecht und Geistiges Eigentum
  • Vertragsrecht und AGBs

Quellen:

  1. Verbraucherzentrale (DE)
  2. Verbraucherzentrale NRW
  3. Bigdata Insider
  4. Tagesanzeiger (CH)
  5. 20min (CH)
  6. Facebook Privacy Center
  7. Facebook (Widerspruchformular)
  8. Facebook Privacy Policy
  9. Digitec (CH)

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