Ich höre immer wieder Leute reden “Seit 25 Jahren bin ich nun in dieser Branche” oder “Bin schon seit über 30 Jahren in diesem Beruf und habe alles gesehen” oder “Nach 20 Jahren meines Berufslebens bin ich ein alter Hase und man macht nichts mehr vor.”
Nun, wer denkt etwas zu sein, hat wahrscheinlich aufgehört etwas zu werden. Aber das ist nicht das Kernthema. Der Gedanke des beruflichen Werdens jedoch, begleitet uns bis zur Altersrente und lässt sich, je nach Sachverhalt, mal hier mal da selbst ins Gedächtnis rufen, entweder selbst auslösend, oder fremd angestossen.
Ich erkläre es einmal konkreter…
Wurden sie schon einmal von einem Recruiter, Headhunter oder Personalvermittler angesprochen? Vielleicht sogar hier auf LinkedIn? LinkedIn hat sich inzwischen als äusserst effektive Plattform für das Recruiting etabliert. Einige Gründe hierfür sind:
- Grosser Talentpool: Millionen von Fach- und Führungskräften sind auf LinkedIn aktiv und suchen manchmal nach neuen beruflichen Möglichkeiten.
- Zielgerichtete Suche: Mit detaillierten Suchfiltern können Recruiter gezielt nach Kandidaten mit den gewünschten Qualifikationen und Erfahrungen suchen.
- Direkter Kontakt: Recruiter können Kandidaten direkt ansprechen und erste Kontakte knüpfen.
- Empfehlungen und Endorsements: Empfehlungen und Endorsements geben einen guten Einblick in die Fähigkeiten und Erfahrungen eines Kandidaten.
Allerdings gibt es auch einige Nachteile, die beiseite geschaffen werden müssen:
- Hohe Konkurrenz: Viele Unternehmen nutzen LinkedIn für ihre Rekrutierung, was die Suche nach den besten Talenten erschwert.
- Falsche Profile: Nicht alle Profile sind vollständig oder korrekt ausgefüllt, was die Suche erschweren kann.
- Kosten: Die Nutzung von LinkedIn Recruiter Tools ist kostenpflichtig.
Das Problem mit weniger qualifizierten Recruitern auf LinkedIn
Die wachsende Beliebtheit von LinkedIn als Recruiting-Plattform hat dazu geführt, dass auch viele weniger erfahrene oder qualifizierte Personen in diesem Bereich tätig sind. Das kann zu einigen Problemen führen:
- Generische Nachrichten: Wie Sie schon richtig erkannt haben, senden viele Recruiter standardisierte, wenig personalisierte Nachrichten. Das wirkt unprofessionell und führt oft dazu, dass Kandidaten nicht antworten.
- Fehlende Branchenkenntnisse: Ein Mangel an Branchenkenntnissen kann dazu führen, dass Recruiter Kandidaten ansprechen, die gar nicht für die ausgeschriebene Stelle geeignet sind.
- Zeitverschwendung: Kandidaten werden durch unqualifizierte Anfragen nur unnötig belästigt.
Warum kommt es dazu?
- Hohe Nachfrage: Die Nachfrage nach qualifizierten Mitarbeitern ist gross, was dazu führt, dass viele Unternehmen auf LinkedIn nach Talenten suchen.
- Leicht zugängliche Plattform: LinkedIn ist relativ einfach zu bedienen, sodass auch Personen ohne spezielle Schulungen als Recruiter tätig werden können.
- Druck, schnell zu besetzen: In vielen Unternehmen besteht ein hoher Druck, offene Stellen schnell zu besetzen. Das kann dazu führen, dass auf Qualität verzichtet wird.
Mein Artikel befasst sich mit dem ersten Punkt “Generische Nachrichten“. Ich bekomme wie viele Menschen auf Linkedin auch, in unregelmässigen Abständen von Recruitern, Personalvermittlern, Talent- und Head-Huntern Nachrichten über neue Job Angebote. Die Nachrichten werden über unterschiedliche Wege zugestellt: Manchmal sind es Nachrichten in direkten Kontaktanfragen, manchmal sogenannte InMail Nachrichten und manchmal bekomme ich direkte Nachrichten.
Ich freue mich auf jede Nachricht, ungeachtet der Intension und öffne sie sobald möglich um sie zu lesen und mich zu bedanken. In diesen Nachrichten über Job Angebote lese ich jedoch oft auch Sätze, die nach einem wiederholten Muster mit Nutzung eines sehr markanten Wortes gebildet werden.
Ich will das Thema nicht unnötig in die Länge ziehen. Es geht um die Nutzung des Wortes “Herausforderung” oder um die Pluralabbildung des Substantivs “Herausforderungen“. Wie bereits dem Titel dieses Artikels zu entnehmen ist, geht es dabei um die Verwendung dieses Substantivs in Kombination mit beruflichen Belangen.
Was für Sätze sind das und was hat das auf sich
Sie alle haben solche oder ähnliche Sätze bereits gelesen:
Können Sie sich vorstellen, eine neue Herausforderung bei einer innovativen Firma anzunehmen?
Kennen Sie eventuell jemanden der im Moment offen ist für eine neue Herausforderung?
Wie wäre es mit einer neuen beruflichen Herausforderung?
Je nach Kontext, kann das Wort “Herausforderung” unterschiedliche Synonyme haben, die man wissen sollte:
- Allgemeine Synonyme: Aufgabe, Problem, Schwierigkeit, Test, Prüfung, Hürde
- Synonyme mit positivem Konnotation: Chance, Gelegenheit, Anreiz, Ziel, Auftrag
- Synonyme mit negativem Konnotation: Bedrohung, Risiko, Krise, Sturm
Stellen sie sich also vor, sie würden eines der oben zitierten Sätze mit eines der aufgelisteten Synonyme bauen, und zwar so, wie es ihr Gemüt sowie ihre Wahrnehmung es gerade zulässt, sagen wir, mit einer negativer Konnotation:
Kennen Sie eventuell jemanden der im Moment offen ist für eine neue Krise?
Wie wäre es mit einer neuen beruflichen Schwierigkeit?
Können Sie sich vorstellen, eine neue Prüfung bei einer innovativen Firma anzunehmen?
Sie haben sicherlich verstanden, worauf ich mit meinem Artikel hinaus will. Ich will es dennoch aus meiner Sicht erläutern.
Ich habe mit 15 begonnen zu arbeiten. In jeden Schulferien bin ich in der vollständigen Ferienzeit arbeiten gegangen, bis zum Ende des 13. Schuljahres war ich sozusagen ein Ferien-Jobber. Ich habe praktisch keine Ferientage als Freizeit genutzt. Danach folgte eine halbe Lehre und danach ein Studium. Während des Studiums habe ich ebenfalls in Teilzeitjobs sowie in den Ferien gearbeitet. Im vorletzten Semester habe ich eine Pause eingelegt und hatte gar einen Vollzeitjob. Nach dem Studium hatte ich manchmal Auszeiten in Form von Phasen der Arbeitsuche oder freiwilligen Berufspausen. Doch sie waren nie so lang, dass ich vergass für wessen Herausforderungen ich jahrelang arbeiten gegangen bin und wofür ich mich, also meine Zeit und meine Kraft eingesetzt habe. In meinem eigenen Beruf bin ich nun seit ca. 25 Jahren tätig.
Warum das H-Wort nicht mehr von Recruitern verwendet werden sollte
Gegenfrage: Denken manche Recruiter etwa, dass ihre Kandidaten zugleich Berufsmasochisten sind, auf Leid und Krisen stehen und aus Langeweile ständig Jobs wechseln?? Sind Anreize oder Ziele im Kontext der positiven Konnotation zu Beginn nicht unvorhersagbar, daher im ersten Kontakt irrelevant, gar beängstigend?
Wenn “Heads” gesucht werden, die mit dem passenden Job-Angebot verknüpft werden sollen, dann sind es nicht die “Heads”, die eine Herausforderung bewältigen wollen oder sollen, sondern genau genommen die Mandanten der Recruiter!
Wir, die potentiellen Kandidaten, sind die Personen, die bei der Lösungsfindung zu Herausforderungen der Mandanten täglich wirken oder mitwirken könnten. Übrigens tun wir dies bei unseren Arbeitgebern täglich bereits. Zu fragen, ob wir neue Herausforderungen suchen, setzt gewisser Massen die Hoffnung der Recruiter voraus, dass wir uns in unserem aktuellen Job unwohl fühlen, womöglich aus eines der oder mehreren, nachfolgenden Gründen:
- Überforderung
- Unterforderung
- Schlechte Bezahlung
- Fehlende Anerkennung
- Keine Aufstiegschancen
- Schlechte Arbeitsbedingungen
- Hohe Arbeitsbelastung
- Unangenehmes Arbeitsklima
- Konflikte mit Kollegen
- Probleme mit dem Vorgesetzten
- Fehlende Work-Life-Balance
- Keine Sinnhaftigkeit in der Arbeit
- Mobbing
- Diskriminierung
- Zu wenig Verantwortung
- Zu viel Verantwortung
- Unklare Aufgaben
- Ständige Veränderungen
- Fehlende Weiterentwicklungsmöglichkeiten
- Fehlende Wertschätzung
- Fehlende Flexibilität
- Fehlende Autonomie
- Unpassende Unternehmenskultur
- Fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten
- Unfaire Arbeitszeiten
- Gesundheitliche Probleme aufgrund der Arbeit
- Fehlende soziale Kontakte am Arbeitsplatz
- Fehlende klare Ziele
- Ständige Veränderungen ohne Vorwarnung
- Fehlende Anerkennung der eigenen Leistung
- Fehlende Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung
- Unfaire Verteilung von Aufgaben
- Fehlende Wertschätzung der eigenen Ideen
- Ständige Überwachung
- Fehlende Möglichkeit zur Selbstorganisation
- Fehlende Work-Life-Integration
- Fehlende Sinnhaftigkeit im Zusammenhang mit den eigenen Werten
- Fehlende Möglichkeit zur persönlichen Entfaltung
- Fehlende Möglichkeit zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- Fehlende Unterstützung bei persönlichen Problemen
- Fehlende klare Karrierewege
- Fehlende transparente Kommunikation
- Fehlende Möglichkeiten zur kreativen Arbeit
- Fehlende Möglichkeiten zur Mitgestaltung
- Fehlende soziale Anerkennung
- Fehlende Identifikation mit den Unternehmenszielen
- Angst vor Jobverlust
- Fehlende Work-Life-Balance
- Gefühl der Ausbeutung
- Ganz klare Ausbeutung
- Fehlende Wertschätzung der eigenen Zeit
- Fehlende Möglichkeit zur Regeneration
- Fehlende Anerkennung der eigenen Expertise
- Fehlende Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung
- Fehlende Möglichkeit zur Übernahme von Verantwortung
- Fehlende Möglichkeit zur Selbstverwirklichung
- Fehlende Möglichkeit zur persönlichen Entfaltung im Beruf
- Tausend weitere Gründe…..
Ungeachtet dessen, ob und welche Probleme wir in unserem aktuellen Job haben könnten, sind wir nicht die Suchenden von Herausforderungen, sondern im besten Fall die passende Lösung. Denn sonst wäre es doch so, dass unsere Herausforderung im neuen Job durch die gelieferten “Herausforderungen” der Recruiter ersetzt werden würden. Wir haben also im ungünstigen Fall nach negativer Konnotation weiterhin “Krisen, Probleme, Tests oder Hürden” gewonnen und der Recruiter hat das gewünschte Honorar?
Nein! Lasst uns Herausforderungen neu formen. Ich formuliere die Vermittler-Frage daher zum Schluss des Artikels erneut:
Können Sie sich vorstellen, Teil einer fantastischen Lösung bei einer innovativen Firma zu sein, um Herausforderungen mit ihr gemeinsam Hand in Hand anzupacken?
ZUSAMMENFASSUNG
Der Text kritisiert die häufige Verwendung des Wortes “Herausforderung” in Nachrichten von Recruitern und Headhuntern auf Plattformen wie LinkedIn. Der Autor hebt hervor, dass viele dieser Anfragen standardisiert und wenig personalisiert wirken, was unprofessionell erscheint. Zudem kritisiert er die Annahme, dass Kandidaten nach “neuen Herausforderungen” suchen, und schlägt vor, dass es vielmehr darum geht, Kandidaten als Lösung für die Herausforderungen der Unternehmen darzustellen.
Der Autor argumentiert, dass potenzielle Kandidaten in der Regel nicht auf der Suche nach Problemen oder Krisen sind, sondern nach Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten einzusetzen, um Herausforderungen im Unternehmen zu bewältigen. Er plädiert dafür, die Kommunikation zwischen Recruitern und Kandidaten auf eine wertschätzendere und lösungsorientierte Weise zu gestalten. Statt nach “Herausforderungen” zu fragen, sollten Recruiter betonen, dass Kandidaten Teil einer Lösung sein können.
Abschliessend wird vorgeschlagen, die Formulierung zu ändern, um Kandidaten dazu einzuladen, aktiv an der Lösung von Problemen in einem innovativen Unternehmen mitzuwirken.