
Heute nutzte ich die Gelegenheit für eine kleine Motorradtour mit einem geliehenen Töff im wunderschönen Odenwald, da dies vermutlich der letzte wirklich schöne Tag im September sein würde. Nach etwa 100 Kilometern machte ich einen Stopp, um an der nächsten Tankstelle zu tanken. Nachdem ich bezahlt hatte und mich zum Ausgang des Shops umdrehte, fiel mir auf, dass direkt auf Augenhöhe, unübersehbar für jeden Kunden – egal ob Mann oder Frau – eine Reihe von Playboy-Heften und anderen Magazinen mit ähnlichem Inhalt platziert waren. Es war unmöglich, den Laden zu verlassen, ohne an diesen offenen Darstellungen vorbeizugehen, denn man lief praktisch auf den Regal zu, bevor man links den Ausgang nehmen musste. Ich interessiere mich nicht mehr für analoge Medien, ignoriere sie daher beim Vorbeigehen. Doch diese Zeitschriften waren so platziert, als ob man sie uns in die Augen stechen wollte.
Die Feststellung, dass offen sichtbare sexistische Darstellungen von Frauen in Zeitschriften präsentiert werden, ist ein deutliches Zeichen für die anhaltende Wahrnehmung der Frau als sexuelles Objekt. In vielen Teilen der Gesellschaft wird die Frau weiterhin auf ihren Körper und ihre Sexualität reduziert, was sich nicht nur in der allgegenwärtigen Verfügbarkeit solcher Publikationen zeigt, sondern auch in den subtileren Nuancen des täglichen Lebens. Die Tatsache, dass im vorliegenden Fall diese Zeitschriften gar unter der Rubrik „Gesellschaft“ eingereiht wurden, war für mich die Ironie schlechthin.
Frauen als Objekte in der Öffentlichkeit
Es ist fast paradox, wie wenig sich in der Darstellung der Frau geändert hat, trotz jahrzehntelanger Emanzipationsbewegungen. Die Tatsache, dass Playboy-Zeitschriften, die Frauen hauptsächlich in erotischer und expliziter Weise darstellen, immer noch prominent in öffentlichen Räumen wie Tankstellen, Kiosken und so manchen Märkten ausgestellt werden, unterstreicht eine tief verwurzelte Normalisierung dieser Objektivierung. Diese Zeitschriften sind nicht etwa versteckt oder nur einem begrenzten Publikum zugänglich – sie werden offen präsentiert, sodass niemand, ob Mann oder Frau, Jugendliche oder Kind ihnen entkommen kann. Solche Darstellungen suggerieren implizit, dass es normal und akzeptabel ist, Frauen in erster Linie als Befriedigungsobjekte zu sehen, und dass dies in der Öffentlichkeit keinen Widerspruch hervorruft.
Die Doppelmoral der Gesellschaft
Hier wird die Doppelmoral der Gesellschaft offensichtlich. Einerseits erleben wir eine Hyper-Moralisierung in den sozialen Medien und im öffentlichen Diskurs, wo bestimmte Begriffe und Ausdrucksformen als untragbar und diskriminierend gelten. Wer etwa Begriffe wie „Neger“, „Mohrenkopf“ oder „Indianer“ verwendet, wird schnell als unsensibel oder gar rassistisch abgestempelt und medial oder sozial geächtet. Die vermeintliche Sensibilisierung für Diskriminierung und Gender-Fragen scheint auf den ersten Blick eine progressive Entwicklung zu sein. Doch wie kann es sein, dass wir auf der einen Seite jegliche verbale Ausdrücke, die als potenziell beleidigend oder sexistisch angesehen werden könnten, unterdrücken und auf der anderen Seite die sexuelle Objektivierung der Frau in Form von Erotikzeitschriften oder sexistischen Anzeigen einfach hinnehmen?
Diese offensichtliche Inkongruenz zeigt die Spannungen innerhalb unserer Gesellschaft. Während es zu einem gesellschaftlichen Konsens gekommen ist, diskriminierende Sprache zu unterbinden, bleibt der mediale und kulturelle Umgang mit Frauen in erotisierenden Kontexten nahezu unberührt. Das zeigt deutlich, wie selektiv moralische Empörung in unserer Gesellschaft geäussert wird.
– „Der Druck in der Gesellschaft muss ja irgendwie abgelassen werden!“ denken sie jetzt vielleicht. Ich bitte sie, doch nicht etwa auf hochwertigem Magazinpapier!
Versteckte Kunst und gesellschaftliche Akzeptanz
Ein weiteres Problem liegt darin, dass solche Darstellungen häufig unter dem Deckmantel der „Kunst“ oder der „ästhetischen Freiheit“ vernebelt werden. Zeitschriften, die Frauen auf provokante Weise abbilden, werden oft als Teil einer künstlerischen Ausdrucksform dargestellt, die es zu schützen gelte. Doch diese Darstellungen sind selten Kunst in ihrem tiefsten Sinne, sondern zielen häufig auf die Befriedigung von männlichen Urtrieben ab. Der entscheidende Punkt ist hier nicht, ob Nacktheit in der Kunst an sich etwas Verwerfliches ist, sondern in welchem Kontext und mit welchem Ziel diese Abbildungen präsentiert werden. Wenn Männer auf solche Bilder blicken und dabei ihre animalischen Instinkte geweckt werden, dient das nicht dem höheren Zweck der Kunst, sondern der Unterhaltung und Befriedigung von Bedürfnissen, die die Frau zu einem Objekt degradieren.
Die Frage nach einem echten Wandel
Es stellt sich also die Frage: Wann wird sich diese Doppelmoral auflösen? Die eigentliche Herausforderung besteht nicht nur darin, die offensichtlichen Diskriminierungen zu bekämpfen, sondern auch die subtileren, die tief in den gesellschaftlichen Normen verankert sind. Solange wir nicht in der Lage sind, diese Widersprüche klar zu erkennen und anzugehen, wird die Frau weiterhin in der öffentlichen Wahrnehmung als Objekt behandelt – sei es in expliziten Darstellungen wie in Magazinen oder in den unausgesprochenen Erwartungen und Ansichten des täglichen Lebens.
Letztlich wird es erst dann einen echten Wandel geben, wenn Darstellungen von Frauen, die ihre Würde und Subjektivität verletzen, sowohl in der öffentlichen als auch in der privaten Sphäre nicht mehr akzeptiert werden. Bis dahin bleiben solche Zeitschriften ein Symbol für die bestehende Doppelmoral, die einerseits Toleranz und Sensibilität gegenüber marginalisierten Gruppen predigt, aber andererseits die Degradierung der Frau als Sexobjekt zulässt und sogar stillschweigend fördert.
Und bis dahin, werde ich weiterhin Negerküsse essen und Cowboy & Indianer-Filme schauen, jedoch definitiv nicht „gendern“, denn für mich gibt es nur die Biene und die Blume.