
Drei F/A-18 Abstürze und 2 tote Piloten sowie ein Arzt in nur Drei Jahren. Das ist die Tragik-Bilanz der Schweizer Luftwaffe hinsichtlich ihrer F/A-18 Flotte. Es kommen immer mehr Fragen bezüglich der Zuverlässigkeit der Flotte und der Handlungsfähigkeit der Armee in Sachen Luftabwehr des Landes auf. Zudem drängt die Zeit wegen der kleiner werdenden Anzahl an flugfähigen F/A-18 und der damit verbundenen Übungen der Piloten sowie der Lebenszeit der F/A-18 gem. dem Hersteller Boeing. Dabei gibt Boeing eine Höchstmenge an 5000 Stunden für diese Geräte an und empfiehlt nach Erreichen die Flugzeuge auszurangieren. Auskunftsgemäss haben inzwischen die übrig gebliebenen 30 Stück F/A-18 durchschnittliche Flugstunden von 3000 erreicht.
Zitat 20min.ch aus Interview in SRF Sendung 10vor10:
Die Sendung «10vor10» von SRF stellte sich in der heutigen Ausgabe die Frage, wie gut die Schweizer Luftwaffe nach nunmehr drei F/A-18-Abstürzen in drei Jahren ihre Aufgabe mit nur 30 statt 33 F/A-18 erfüllen kann. Der Kommandant der Luftwaffe, Aldo Schellenberg (r.), sagte bereits gestern, dass die Durchhaltefähigkeit der Luftwaffe beeinträchtigt sei. Dabei geht es darum, wie lange die Flotte im Ernstfall im Einsatz sein könnte.
Der ehemalige Kampfjet-Pilot Urs Nagel schätzt, dass die Durchhaltefähigkeit der Luftwaffe in den nächsten fünf bis zehn Jahren «erlöschen» wird. Aktuell haben die F/A-18 nach 19 Jahren durchschnittlich 3000 Flugstunden auf dem Buckel, bei 5000 Stunden müssten sie eigentlich ausrangiert werden. Ab dann garantiert der Hersteller – also Boeing – gemäss Nagel nicht mehr, dass die Flieger störungsfrei operiert werden können. Ein weiteres Problem sei, dass die Wartungszeiten mit dem Alter der Flieger länger würden.
Was den vorletzten Absturz des Kampfjets mit zweisitziger Variante betrifft, welcher am 14. Oktober 2015 bei Glamondans (Département Doubs, Frankreich) verunglückte, ist die genaue Ursache ungeklärt geblieben. Der erfahrene Pilot mit über 3500 Flugstunden hatte damals glücklicher Weise überlebt.
Nun verunglückte am vergangenen Montag eine weitere F/A-18 bei einem Übungsflug und zerschellte in den Bergen. Der Pilot hat den Absturz tragischer Weise nicht überlebt.
Was hat es damit auch sich? Die Die Schweizer Luftwaffe hat seit 1941 rund 400 Flugunfälle mit über 350 Todesopfern registriert. Das jedoch innerhalb von 3 Jahren 3 Jets des gleichen Typs bei unterschiedlichen Bedingungen und bei Piloten unterschiedlichem Alter und Erfahrung abstürzen, wirft dennoch Fragen auf.
Die Flotte wird bekanntlich vom Schweizer Tech und Rüstungskonzern RUAG bzw von der RUAG Aviation gewartet. Der Bereich „Aviation“ beschäftigt sich mit Modernisierungs- und Unterhaltsarbeiten an zivilen und auch an militärischen Flugzeugen und Helikoptern. Dies umfasst Arbeiten an Triebwerken und Avionik, ebenso sowie militärischen Systemen.
Es stellt sich die Frage, ob die Wartungsarbeiten der zuletzt abgestürzten zwei F/A-18 ordnungsgemäss durchgeführt wurden, ggf. kritische Teile an den Jets nicht gem. Wartungspläne ausgetauscht, oder gar modernisierte Geräte und Software wie etwa Radar-Systeme und Sensorik der Maschinen fehlerhaft oder manipuliert waren. Immerhin hatte die RUAG Anfang 2016 mit den Meldungen hinsichtlich eines Langzeiteinbruchs in ihre IT-Systeme für Schlagzeilen gesorgt. Dabei wurden u.a. auch Zugriffskontrollsysteme der RUAG kompromittiert und gem. den Medien, Daten grösserer Mengen aus dem Unternehmen kopiert worden. Es ist ebenfalls denkbar, dass kritische Daten bei der RUAG innerhalb diesem Langzeit-Hack, welches bis zu ihrer ersten Entdeckung vermutlich mehr als zwei Jahre andauerte, in grossem Stil manipuliert worden sein könnten.
Es ist daher auch denkbar, dass u.a. auch vom Hersteller Boeing zur Verfügung gestellten Updates und Firmware für die Jets im Bereich Aviation & Defense Systems manipuliert, oder nach Empfang manipuliert worden sein könnten, sofern sie IT-technisch im gleichen Bereich empfangen, verarbeitet und gespeichert wurden. Dem offiziellen Bericht zu den Untersuchungsergebnissen des Einbruchs zufolge, könnte man entsprechende Vermutungen anstellen. Die Melde und Analysestelle Informationssicherung (MELANI) gab zudem im Vorfeld ein abstraktes Dokument als Herleitung zum Angriff der bisher unbekannten Täter bekannt, woraus sich eine Injizierung von Advanced Persistent Threats, konkret Trojaner der Turla Familie heraus stellte.
Zugegeben klingt dieses Szenario nach einem US-Amerikanischen Thriller-Movie, aber damals hatte man Stuxnet oder vergleichbare Attacken völlig unterschätzt. Man ist der Meinung, eine Malware kann höchstens klassische PCs und Smartphones infizieren. Doch es ist so einfach einen Jet mit einem Knopfdruck runterzuholen, wenn man erst einmal die Board-Systeme durch Updates oder Uploads manipuliert hat. Auch Signale können gefälscht werden. Es ist beispielsweise bereits durch technische Hacks belegt worden, dass Schiffe und Flugzeuge, die heute ihre Navigation insbesondere im Instrumentenmodus unverzichtbar über GPS Signale realisieren, durch gezielte Signalmanipulationen von ihrem Kurs zum Abweichen gebracht werden können, ohne dass es der Kapitän oder der Pilot rechtzeitig merken würde. Die Folgen wären z.B. das Auflaufen auf einen Riff, oder die Landung in einem Wald.
Kritische Fragen kommen auf, wenn man sich dem Untersuchungsbericht, konkret den Empfehlungen auf den Seiten 27 bis 29 widmet. Bei vielen der vorgeschlagenen Massnahmen kann man schlichtweg von Basics in der Informationssicherheit ausgehen, also Best-Practices (zB. Applocker, Access Management, Sperren von Tools, Active Directory Risk Assesment Program (AD RAP), Netzwerk-Segmentation, DNS Konfiguration, etc). Dabei stellt sich eine allgemeine Frage hervor, wie sich RUAG als Cyber-Defense Kompetenzzentrum etablieren will, wenn sie beim ihren eigenen IT-Systemen und bei ihrem eigenen Netzwerk so fahrlässig und über Jahre hinweg blind gewesen ist.
Sicherlich können diese Analysen nicht dazu dienen, die genauen Absturzursachen der letzten beiden F/A-18 der Schweizer Luftwaffe auf ein Versagen der RUAG innerhalb ihrer eigenen IT & Informationssicherheit und der daraus entstandenen Möglichkeiten zur Manipulation zu münzen. Dennoch wäre es ein denkbares Szenario, dass durch gezielte Manipulation von sensitiven Daten und Systemen, welche ggf. Anwendung auf den verunglückten Maschinen fanden, beabsichtigtes Versagen von Instrumenten, Sensoren oder Aviationssystemen an Board herbei geführt werden sollte. Um dies festzustellen, müsste die RUAG eine Untersuchung ihrer Aktivitäten und Übertragungen sowie Anwendungen in diesem Bereich durchführen. Es müssten gemeinsame, technische Schnittmengen beider Maschinen identifiziert und mit den Zuständen und Manövern beider Maschinen kurz vor den Abstürzen verglichen werden. Hierzu benötigt man jedoch erst die Blackbox der zuletzt verunglückten Maschine sowie weitere Komponenten und Protokolle. Versionsstände einzelner Steuerungskomponenten, Firmware und Software sind ebenfalls zu ermitteln. Allerdings werden die Blackbox von abgestürzten Flugzeugen von der RUAG selbst untersucht. Ein Henne-Ei Problem. Zudem gibt es in Kampfjets oftmals keine zweite Blackbox bzw. Voice-Recorder, wie es in der zivilen Luftfahrt der Fall wäre.
Es wäre denkbar, dass durch manipulierte Firmware, Sensorik oder System-Updates, ein technisches Versagen in bestimmen Flugzuständen herbeigeführt werden könnte. Ebenso ist es denkbar, dass durch menschliches Versagen oder Fehlverhalten (z.B. in Form von Missachtung der Wartungsvorgaben, falsche Anwendung oder Manipulation der Protokolle etc.) ein Versagen der Mechanik oder der Board-Elektronik in bestimmten Fällen beeinflusst werden könnte. Was für viele jetzt wie ein Hollywood Katastrophenfilm klingt, ist in der Vergangenheit nicht wenig die Ursache gewesen, dass durch Manipulation oder Versagen die Verkettung von unglücklichen Umständen herbei geführt wurde.
In der Vergangenheit kam die RUAG in einzelnen Fällen mit Flugzeugabstürzen in Verbindung, teils aus unaufgeklärten Gründen, teils wegen Software-Problemen.
Andererseits ist das Fliegen in den Alpen eine grössere Herausforderung für viele Piloten, als es in einer flachen Landschaft oder auf dem Meer der Fall wäre. Zudem gab es eine Nacht zuvor einen massiven Wetterumschwung und die Luft kühlte in den Alpen stark ab. Wurden die Flieger vorher ordentlich enteist? Waren es nicht 2 Jets, die an jenem Tag gestartet sind und was meint der zweite Pilot zu den Flugbedingungen an jenem Tag? War der besagte Instrumentenflug genug sicher für die Piloten und kann man sich auf die Instrumente der F/A-18 in solchen Fällen verlassen, welche von der RUAG gewartet werden?
Bedenkt man, dass so manch andere Flotten im Ausland z.B. die längst ausrangierte F-4 Phantom selbst nach 55 Jahren immer noch im Einsatz haben und damit sowohl Übungen als auch echte Einsätze fliegen, klingt es eher unwahrscheinlich, dass eine F/A-18 nach 15 Jahren und 3000 Flugstunden bereits derart anfällig sein kann. Die F/A-18 ging 1988 vor allem wegen ihrer langen Nutzungsdauer als Auswahl aus der damaligen Evaluation der Schweiz hervor. Zudem wird sie in den E/F Versionen auf Flugzeugträgern eingesetzt, was für ihre Robustheit spricht. Es ist auch auszuschliessen, dass Piloten der insgesamt verunglückten vier F/A-18 ihren Job allesamt dilettantisch ausführten und nicht wussten, wie die Maschinen in besonderen Situationen zu fliegen sind, wobei 2 der 4 Abstürze seitens der Untersuchungsausschüsse mit menschlichem Versagen begründet wurden.
Es kann sich selbstverständlich bei den letzten zwei Fällen um reine Zufälle handeln, wie plötzliches, unerwartetes Versagen, ein grosses Luftloch über den Bergen oder ein weiterer Flugfehler. Zumindest waren die Piloten der Abstürze von 2013 und vom vergangenen Montag wegen schlechten Wetterverhältnissen im Instrumentenflug unterwegs, welches ein gängiges Szenario darstellen soll.
3 der 4 abgestürzten F/A-18 waren Zweisitzer. Bei 2 Fällen hat man als Ursache Desorientierung bzw. Fehleinschätzung festgestellt. Der Vorfall in 2015 bleibt ungeklärt und bei dem letzten Vorfall muss noch aufgeklärt werden. Weltweit gibt es insgesamt nur 6 offizielle Fälle von Abstürzen der F/A-18, zwei davon ausserhalb der Schweiz.
Das Kampfflugzeug des Typs F/A-18 ist in der Schweiz seit 1997 im Einsatz. Die Schweiz bestellte beim Hersteller McDonnell Douglas (Heute Boeing) 34 F/A-18. Davon waren 26 Einsitzer und 8 Zweisitzer.
- Waren Instrumentenausfälle oder falsche Daten wie Geschwindigkeit, Höhe oder Ortung schuld?<
- Hatte der Pilot mit Vereisung zu kämpfen?
- War ein Triebwerksausfall die Ursache?
- Oder war es doch am Ende ein menschliches Versagen?
Wir alle sind gespannt darüber, was die Untersuchungsergebnisse sagen werden.
(red)
Referenzen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Flugunf%C3%A4llen_(Milit%C3%A4rluftfahrt)_ab_1981#2016
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/An-diesem-Berggrat-zerschellte-die-F-A-18-18727554
http://www.nzz.ch/schweiz/verschwundener-kampfjet-vermisste-fa-18-gefunden-ld.113729
http://www.nzz.ch/schweiz/schweizer-militaerflugzeug-in-frankreich-abgestuerzt-1.18629699
http://www.nzz.ch/schweiz/fa-18-in-der-innerschweiz-abgestuerzt-alpnachstad-1.18172414
http://static.nzz.ch/files/4/6/0/absturz_1.18172460.pdf
http://www.20min.ch/schweiz/romandie/story/14979907
https://de.wikipedia.org/wiki/RUAG
http://www.ruag.com/de/aviation/subsystems-products/
http://www.ruag.com/de/aviation/subsystems-products/aviation-products/flugdaten-analysen/
https://issuu.com/ruagcom/docs
https://www.melani.admin.ch/dam/melani/de/dokumente/2016/technical%20report%20ruag.pdf.download.pdf/Report_Ruag-Espionage-Case.pdf
https://www.balthasar-glaettli.ch/2016/05/23/ruag-hack-untersuchungsbericht-wirft-fragen-auf/?source=splashpage
http://cyber-peace.org/cyberpeace-cyberwar/relevante-cybervorfalle/ruag-spionage-hack/
http://www.sueddeutsche.de/panorama/flugzeugabsturz-piloten-starben-doch-im-red-bull-jet-1.674330
https://www.youtube.com/watch?v=E54AMXD8PoI
http://www.focus.de/digital/multimedia/hochriskante-schwachstellen-dieser-mann-behauptet-ich-kann-passagier-flugzeuge-hacken_id_4039895.html