Der Markt rund um das Thema Cloud Computing bleibt spannend. Was vorerst mit verteilten physischen Rechenumgebungen begann, ist mittlerweile durch die Innovation, der flexiblen und elastischen Virtualisierungstechnologie noch attraktiver geworden. Die immer grösser werdenden Möglichkeiten, die stetige Zunahme von virtualisierbaren Applikationen, Plattformen und Systeme eröffnen geographische und ekonomisch leistungsfähigere Möglichkeiten.
Doch nicht alles ist so grün und gut, wie es sich anfangs so toll anhört. Mit jeder neuen und innovativen Technologie, welche sich interdisziplinär und global zu einem Trend, womöglich später gar zum defacto Standard entwickelt, stellt ebenso neue Herausforderungen an Regularien, Gesetze und Richtlinien unserer heutigen Zeit.
Oder dachten sie etwa, der Begriff „Cloud“ hat ausschliesslich kommerzielle Aspekte? Noch bevor es dem „Cloud Computing“ Gedanken der kommerzielle Weg geebnet wurde, war die Technologie bereits verstärkt im privaten Einsatz. File Sharing Dienste, Upload Portale, verteilte Storage Cluster… All diese oder ähnliche Konstrukte, welche oft zum Austausch von Daten und Informationen genutzt wurden, haben oder hatten bereits in der Vergangenheit den Charakter des Cloud Computings. So ist es heute gar wesentlich verstärkter und häufiger der Fall, dass Cloud Computing nicht zuletzt für Portalbetreiber zum de facto geworden ist, die im Sinne des Gesetzgebers, sich nicht gerade an Regeln und Bestimmungen, an ethische Grundsätze oder Richtlinien der „anständigen“ Gesellschaft halten wollen. Aber wenn wir alle anständig sein wollten, müssten wir ja erst alle Banken eeeh, ich meine natürlich Bäcker schliessen… 😉
Das professionelle Cloud „Movie Streaming“
Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, ich würde niemals Filme über das Internet streamen. Manchmal hat man eben nicht die Zeit ins Kino zu gehen und verpasst vielleicht einen Film, den man gerne gesehen hätte. Für manche ist ein Sky Abo zu teuer oder für andere dauert es zu lange, bis der Film in netflix & Co. erscheint. Wenn man die Qualitätseinbusen beim Internet-Streaming über bestimmte Portale ab Ersterscheinung eines Films in Kauf nehmen kann, dann ist das Angebot ja recht verlockend. Während sich so manche Portalbetreiber dann mit den Strafverfolgungsbehörden ein virtuelles Katz- und Mausspiel liefern, sind andere etwas offensiver dabei und vermarkten die im Volksmunde illegalen Machenschaften auf einer professionell anmutenden Aufmachung.
Eines dieser Portale bin ich die vergangenen Tage begegnet, auf der Suche nach einem Film, dessen Ausstrahlung es nicht in alle Kinos geschafft hatte. Ob der Gesetzgeber von mir verlangen kann, dass ich zu einem Kino fahre, welches 50 Km weiter weg diesen Film ausgestrahlt hat? Würde mir der Staat womöglich die Fahrtkosten erstatten? Oder werde ich nun verhaftet, weil ich durch einen zufälligen Klick den Film nun über das Internet streamen kann? 🙂 Ich denke nicht. Denn das Streamen ist im Grunde garnicht strafbar, das Vervielfältigen hingegen schon, im Sinne der Betreiber dieser Portale.
Klar für uns alle und dennoch zu erwähnen, dass natürlich in den Ländern, worin solche Aktivitäten eines illegalen Streaming Anbieters gesetzlich völlig verboten sind, diese Portale auch nicht betrieben werden dürfen. Sobald sich solch eine Seite im Hoheitsgebiet eines dieser Länder befindet, hat man sich bereits strafbar gemacht, das Anbieten von illegalem Streaming über eine solche Plattform ermöglicht zu haben. Es gibt unzählige Streaming-Portale im Netz, welche sich überwiegend die gleiche zugrundeliegende Datenbank bzw. File-Repository teilen. Das bedeutet, dass die Filme meistens nur wenige Male auf eine Storage geladen werden und mehrere Streaming Portale auf die gleichen Daten referenzieren. Das Erleichtert die Storage Verwaltung und macht das Verteilen effizienter. Flaschenhälse bieten die Storage Clouds, wenn sie denn mal ausfallen, aber selbst diese sind geographisch nochmals verteilt, repliziert und über verschiedene Knotenpunkte fast ausfallsicher miteinander verbunden. Zudem bieten Streaming Anbieter mittlerweile das Streamen über unterschiedliche File-Sharing Plattformen an. Die bekanntesten unter ihnen dürften Streamcloud, Moveshare oder Stream4k sein. Es gibt aber noch jede menge andere bekannte Portale.
Eines der „Streaming-Anbieter Portale“, mit dem ich vor kurzem Kontakt hatte, ist die Seite film-enstreaming.com. Diese Seite bietet dem Benutzer nicht nur an, die neuesten und bekannten Kinofilme direkt vom Portal heraus zu streamen, sondern gibt auch ein „Upcoming Movie“ Info dazu, also eine Info auf der Landing Page, was ich demnächst noch so alles sehen darf 🙂 Das finde ich ganz nett.
Das interessante ist jedoch nicht der Streaming Anbieter selbst, sondern das, was hinter dieser Seite steckt. Ein kurzer Blick auf die Lokation dieser Webseite, also der IP und somit dem Hosting-Standort bzw. das Rechenzentrum, welchem diese IP gehört, erweckt plötzlich das Interesse. Diese, nun ja, wenn man nach dem Gesetzgeber geht, illegale Webseite wird tatsächlich von einem Rechenzentrum in Deutschland aus angeboten, zumindest zum Zeitpunkt meines Besuchs. Das ist insofern interessant, weil ich dachte, soetwas würde allein wegen der Abmahngefahr und gar wegen dem Knast-Risiko des Betreibers auf deutschem Boden mittlerweile stark vermieden werden. Aber das Internet ist ein Ozean dessen Horizont nicht sichtbar erscheint. Also warum denn eigentlich nicht 🙂
Der Hoster, der die Plattform für diese Seite betreibt, welche auf Cloud Technologie basiert, ist ein Cloudanbieter, dessen Ursprung in Kanada liegt. Die Firma OVH, welche mit allen erdenklichen Cloud Produkten auf seinen Webseiten um sich wirbt, hat ihren Hauptsitz in Kanada, wo auch die eigenen Webseiten gehostet werden, selbst die DE Domain dieses Unternehmens, ovh.de. Das Portfolio ist üppig und die Vielzahl an Rechenzentren, verteilt auf dem ganzen Globus, gibt einem das Gefühl, dass eine hohe Verfügbarkeit tatsächlich gewährleistet werden könnte. Auch die Anbindung der Rechenzentren untereinander scheint recht schnell zu sein, so dass ein Failover binnen Sekunden garantiert werden könnte.
Der Firmenstandort in Saarbrücken sieht ganz anders aus, als das Bild auf deren Webseiten. Neben der Kulturfabrik Saarbrücken. Immerhin ist am Wochenende dann Partytime nachdem man mögliche Ausfälle beseitigt hat.
Kommen wir zurück zum Kunden von OVH, dessen Landing Page in dem Rechenzentrum von OVH in Saarbrücken gehostet wird. Zwei Dinge machen mich neugierig auf die Identität des Betreibers. Normaler Weise interessiere ich mich nur für den Inhalt der Seite. Aber die Tatsache, dass eines dieser Seiten von einem Rechenzentrum in Deutschland aus erreichbar ist (Ich gehe von mehreren Standorten aus) und es sich hierbei nicht unbedingt um eine – wie gesagt – nach dem Gesetzgeber legale Seite handelt, macht mich neugierig, welcher Typ mit virtuellen „Big Balls“ hinter dieser Seite steckt. Ich mache mir nichts vor, vermutlich werde ich es nicht rausfinden. Mal abgesehen davon, dass auf solchen Seiten so etwas wie ein gesetzlich vorgeschriebenes Impressum, insbesondere wenn die Seite einen kommerziellen Hintergrund auch nur annähernd vermuten lässt, verpflichtend ist.
Während selbst Privatpersonen das Dilemma haben von sogenannten Abmahnanwälten in die Mangel genommen zu werden, weil sie auf ihrer privaten, einfachen statischen Homepage vergessen haben sowas wie ein Impressum bekanntzugeben ( somit ggf. von Abmahnanwälten leider auf eine „legale“ weise abgezockt werden würden) rührt sich keines dieser „Rechtschaffenden“ anscheinend auch nur ein bisschen um die besagte Streaming-Seite. Zu kompliziert ist der Fall denke ich, zu aufwändig. Klar, ein Abmahnanwalt kann über eine Whois Abfrage den Domain-Eigentümer sehr einfach ausfindig machen. Die meisten dieser einfach abmahnfähigen Seiten sind physisch gehostet und über die Abfrage bekommt man die notwendigen Informationen, um dann über das Einwohnermeldeamt die Anschrift des Betreibers ausfindig zu machen, falls die Adresse in der Provider-Datenbank bereits veraltet sein sollte. Sehr einfach verdientes Geld für einen Rechtsanwalt.
Ich bin deswegen so rau in meiner Tonwahl, weil es schlichtweg eine Abzocke ist. Wenn man in der Lage ist, einen Webseitenbetreiber über eine Whois Abfrage ausfindig zu machen, warum kann man ihn dann trotzdem abmahnen, weil er sein Impressum vergessen hat? Ist das nicht bürokratischer Irrsinn? Man könnte ja alle möglichen Adressen und Verbindungsdaten ins Impressum schreiben. Zudem muss unter der Telefonnummer oder Email-Adresse noch nicht mal jemand antworten. Es muss nur angegeben werden. Doch wo Politik versagt, füllen sich so manche Anwälte die Taschen, in dem sie genau nach solchen Gesetzen suchen, die ihnen leichte Beute beschert.
Genug Dampf abgelassen. Kommen wir zurück zur Sache. Wie zuvor genannt, fehlt also auf dieser Streaming Seite an Angaben gem. §5 des deutschen Telemediengesetzes zur allgemeinen Informationspflicht. Ich muss gerade schmunzeln, einerseits, weil es bürokratisch klingt, andererseits, weil es im Grunde klar ist, dass man auf solchen Seiten sicher keine dieser informationspflichtigen Angaben finden wird, zumindest nicht wahrheitsgetreu. Das wäre genauso, wie wenn man sagen würde „Ich verstosse gegen eure Gesetze, kommt und holt mich hier und ruft mich vorher da an“.
Natürlich und wie zu erwarten, sind auch die Whois Daten über eine Whois-Protection dieser Webseite verschleiert. Tja Abmahnanwälte, nun müsst ihr euch mal ins Zeug legen und den Plattformbetreiber OVH angehen. Ob deren internationalen Anwälte sich von euch weichkochen lassen werden? Zu gross ist das Risiko, dass man dabei Arbeitsplätze und Steuereinnahmen vernichten würde, wenn OVH wegen solch einem Fall schliessen müsste. Wahrscheinlich würde das Unternehmen lediglich mit einer Unterlassungsaufforderung seitens der Staatsanwaltschaft davon kommen.
Da aber auf dieser Streaming-Seite eine Anmeldung zum Streaming verpflichtend ist, und man anonym nicht and die Sharing Plattform rankommt, klicke ich einmal auf den Link, worunter ich mich registrieren kann. Vielleicht bringt mich das weiter herauszufinden, wer die Macher dieser Seiten sind. Aber wer glaubt, der wird ja bekanntlich selig.
Nun kommen wir als Abmahnanwalt mal der Sache so langsam näher. Es geht ein Popup auf und ich werde auf eine andere Seite verlinkt: TZARMEDIA.COM. Dort soll ich mich also registrieren, um dann endlich den Film meiner Wahl anschauen zu dürfen. Warum nur habe ich das komische Gefühl, dass es mit einer einfachen Registrierung nicht klappen wird, ich also nach der Registrierung sicher später zur Kasse gebeten werden würde.
Wird es ein Guthabensystem sein? Oder kann ich mit Bitcoins zahlen? Letzteres ist unwahrscheinlicher denke ich. Aber warum auch nicht. Die Internetwährung wird immer populärer und selbst FinTech Unternehmen haben sich gegründet um mit der digitalen Krypto-Währung auf Basis des Block Chain Verfahrens zu handeln und Gateways zu Banken und zur Kreditwirtschaft zu bilden, um das Digitale Geld praktisch zu transformieren. Abgesehen davon, ist das Handeln mit der digitalen Währung ohnehin völlig ausserhalb des Bankensystems, was natürlich unsere klassiche Transaktionswelt und allen Sklaventreibern, die an diesem System hängen ein Dorn im Auge darstellt. Es ist praktisch nicht mehr transparent, welches Geld wohin in welcher Menge fliesst. Auch Geheimdienste mögen das sicher nicht, dass sie sich nun überlegen müssen, wie sie sich in die Nodes der Block Chain einklinken können. Das wird schwierig, denn während eine Transaktion im klassischen Sinne nur einen Weg gehen kann, kann es beim BlockChain Verfahren beliebige Netzwerke geben, die als Vertrauenswürdig gelten. Das macht das ganze entsprechend schwieriger für Behörden.
Ich schaue mir einmal diese Domain an, unter der ich mich also registrieren soll, es aber nicht tue. Immerhin wirbt die Seite mit ähnlichen Angeboten: Streaming von allen möglichen Medien nach Registrierung. SCAMADVISOR.COM sagt mir zudem, dass diese Seite eine Vertrauenswürdigkeit von gerademal 10% besitzt, also für einen Laien definitiv nicht vertrauenswürdig sein sollte. Immerhin machen sie mal Butter bei die Fische und verlangen auf der Hauptseite gleich mal die Kohle, die sie wollen, um mir mein Streaming freizuschalten.
Und was die Domainregistrierung betrifft, sind sie wohl auch entspannter, als ihr Kunde FILM-ENSTREAMING.COM. Denn wenn die Angaben stimmen, weiss man zumindest theoretisch, wer der Betreiber dieser Webseiten ist.
Also da ist diese Firma TZARMEDIA aus Houston/Texas. Dafür, dass sie die finanziellen Geschäfte für andere Streaming-Anbieter abwickeln, die wiederum keine Mühe scheuen selbst in Deutschland im RZ eines kanadischen Cloud-Anbieters ihre Webseiten hosten zu lassen, sind sie relativ offen für die Angaben in der jeweiligen NIC-Datenbank. Mal sehen, wie es in Google Maps aussieht 🙂 Und da wir in den USA sind, gibt es diesmal auch mit Sicherheit ein Street View 🙂
Tragen wir also nochmal alles zusammen:
1. Wir haben einen illegalen Streaming Anbieter im Netz
2. Diese lässt seine Webseite in einem Rechenzentrum eines kanadischen Cloud-Anbieters auf deutschem Boden hosten.
3. Der Betreiber der Seite ist bei regulären Abfragen völlig anonym.
4. Der Betreiber lässt die Registrierungs- und Bezahlabwicklung über eine weitere Webseite machen, dessen Betreiber anscheinend eine Briefkastenfirma in den USA, in Texas ist.
Liebe Abmahnanwälte: Der Fall wird etwas schwieriger werden. Lasst es lieber bleiben.
Liebe Behörden: Ich glaube, ihr müsst wesentlich internationaler und viel mehr in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landesbehörden arbeiten.
Staat/Gesetzgeber: Die Ausführung der Gesetze sind bei euch anscheinend nach 2 Klassen aufgeteilt.
a. Die Bürger, ihr Allerbestes wegen euren Gesetzen aus dem Überregulierungs-und-Überwachungs-Dschungel hilflos an Schurken-Anwälte abdrücken müssen und
b. Alle anderen, die euch wiederum zu kompliziert erscheinen, auch wenn es eindeutig ist.
Aber ich befürchte, selbst wenn man den Versuch einer Abmahnung starten würde, dann würde ein kurzer Schwenk des vHosts im Admin-Panel des Cloud Anbieters OVH schon reichen, um die Webseite innerhalb kürzester Zeit in ein anderes Rechenzentrum, vielleicht auf eines in Singapur, Australien, oder sonst wo auf dieser Welt zu verschieben. Überall dort, wo OVH eben seine CLOUD-Rechenzentren betreibt, wo die Gesetze hierzulande keine Geltung finden.
Fazit: Dank der Flexibilität von Cloud-Technologie, gepaart mit der globalen Flexibilität eines Cloud Providers, ist man heute auch als „Virtueller Pirat“ recht flexibel unterwegs, um so manche unangenehmen Gesetze zu meiden 🙂
(red)